WIR WERDEN DENEN AUF DEN FERSEN SEIN

5 Fragen an Ibrahim Amir

Dein Theatertext entstand 2012/2013 im Rahmen von Theaterworkshops mit Geflüchteten, die im Zuge der Besetzung der Votivkirche initiiert wurden. Hättest du dir damals gedacht, dass der Text später solche Wellen auslösen würde?

Offen gesagt nicht. Denn wir wussten auch nicht, ob wir in der Lage sind „Homohalal“ irgendwo aufzuführen.
Wir dachten wir machen einen Abend, an dem wir ein paar Auszüge vom Text lesen. Es gab mindestens fünf Sprachen, in die wir den Text übersetzt haben, damit alle, die mitgewirkt haben, ihn auch verstehen, 16 Figuren damit alle mitmachen.

War das Genre der Komödie im Zuge der Erarbeitung des Textes immer geplant oder hat sich das aus den Erzählungen der Geflüchteten aus den Workshops so entwickelt?

Tina Leisch hat uns alle zusammengeführt. Es war ihre Idee mit dem Workshop und der Ausgangspunkt des Stücks. Sie hat damals mein „Habe die Ehre“ gesehen. Sie hat mich kontaktiert, erzählte mir von der Idee. Ich sagte zu. Also dass es eine Komödie wird wussten wir schon von Anfang an. Denn der Stoff ist einfach absurd komisch. Und tatsächlich wurde es währenddessen noch komischer.

Wie bist du bei der Erarbeitung des Textes mit Aussagen von Mitwirkenden umgegangen, die nicht deinem Werteverständnis entsprachen?

Ich habe zugehört, mitdiskutiert. Punkte provoziert. Wir haben uns Situationen vorgestellt und wie sie auf uns unterschiedlich wirken. Interessant war auch, dass irgendwann die Ängste, über Tabus offen zu reden, verschwanden.

Der Theatertext „Homohalal“ beschreibt neben der Komödie auch eine Dystopie. Hattest du jemals Sorge, dass dein Text Applaus von der „falschen“ Seite bekommt?

Nein. Dafür ist „Homohalal“ viel zu kompliziert und ein gut reflektierter Text, daran haben wir ja lange gearbeitet. Erfahrungsgemäß tun sich die Rechtspopulisten schwer mit solchen Sachen.

Sind wir 2018 in Österreich auf dem Weg zu der von dir formulierten Zukunft?
Oder: Würdest du sie nach den Ereignissen der letzten Jahre anders beschreiben?

Ich fürchte nicht. Unsere Sorgen haben sich leider bestätigt. Dass eine rechtsrechte Regierung im Anmarsch ist, war nicht zu übersehen. Die Menschen wurden in die Angst getrieben. Und wir wissen, wie irrational Menschen sein können, wenn sie ängstlich sind. Es wird eine harte Zeit, die auf uns zukommt, man wird alles daran setzen, damit dem freien Geist in diesem Land die Flügel gebrochen werden. Ob wir uns das gefallen lassen? Schwer vorstellbar. Wir werden denen auf den Fersen sein. Ich muss an dieser Stelle den Kopf schütteln. Hätte ich gedacht, als ich aus Syrien vor einem faschistischen Regime floh, dass ich hier vor einem anderen landen werde? Nein. Habe ich jemals daran gedacht, dass die Syrer irgendwann indirekt der Grund sein werden, dass die Befürworter des Austrofaschismus und Nachahmer der Nationalsozialisten hier in Österreich die Mehrheit im Parlament ausmachen werden? Und eine Regierung bilden? Nie im Leben. Und man fragt mich immer noch, wieso ich Komödien bevorzuge?
Das Leben ist verdammt komisch.

Das Interview ist ein Originalbeitrag für das Programmheft „Homohalal“. Die Fragen stellte Hannah Lioba Egenolf.