Laudatio – Die besten Nachwuchsweltverbesserer

JULIUS DEUTSCHBAUER – SUCHE DIE UNPOLITISCHSTE THEATERPRODUKTION WIENS 2016/2017

III. DIE BESTEN NACHWUCHSWELTVERBESSERER

Tomas Zierhofer-Kin, Nadine Jessen und Johannes Maile für die Programmierung des Performeum im Rahmen der Wiener Festwochen 2017

Laudatio von Angela Heide

Liebes Publikum!

Der diesjährige Preis für die besten Nachwuchsweltverbesserer*innen konnte einfach an niemand anderen als die drei überaus kollegialen, welt- und wissensoffenen, humorvollen und jugendlich dauerdiskursiven Kolleg*innen Nadine Jessen, Johannes Maile und Tomas Zierhofer-Kin gehen.
Sie haben es mit dem von ihnen als kluges Selbstzitat für die vergangenen Wiener Festwochen entwickelten Performeum geschafft, uns alle herzhaft zu irritieren: Hatten wir nicht 2016 am selben Ort vom nahezu selben Team ein Gegen-Festwochen-Festival unter dem Namen Real Deal besucht? Und war nicht ebenfalls 2016 und ebenfalls parallel zu den Wiener Festwochen am Hamburger Kampnagel ein Hamamness-Zelt aufgestellt und 14 Tage lang bespielt worden? Und hat man diese Diskurse nicht schon zigmal in anderen Kontexten über sich ergehen lassen, hatte man das einfach nur verdrängt, um es nun, in der neu ausgerufenen „Akademie des Verlernens“ quasi hyperreal wieder in sich aufkochen zu lassen? Man hat. Doch gerade das finden wir preiswürdig: dass es diese großartigen avantgardegeeichten Weltverbesser*innen gibt, die nicht müde werden, sich selbst und die eigenen in die Jahre gekommenen Thesen zu zitieren und die gemeinsamen schier alterslosen künstlerischen Netzwerke in vielleicht nicht immer neuen „aufblasbaren Raumarchitekturen“ in Form von „progressiven Simulationen“, aber zumindest hie und da an neuen Orten, vor allem aber in ungeahnten Kontexten wie den traditionsreichen Wiener Festwochen ihre postkolonialen und neoaffirmativen Partyfäden weiterspinnen zu lassen. Mit dem Performeum wurde mit Erfolg das Versprechen eingelöst, das schon ein Jahr zuvor bei der Hamburger „Preview“ gemacht worden war: „festgefahrene Gewissheit performativ auf den Kopf“ zu stellen. Ja, das schätzen wir: Festgefahrenes loszutreten, aus dem Kulturbeton Heilmoor herauszukochen und uns allen zu beweisen, dass wir keine Ahnung haben von den Diskursen von morgen, weil wir noch nicht einmal den Dreck von gestern aus unseren saturierten Wohlstandskörpern herausgedünstet haben. Für diese dauerdiskursheilsversprechende Körperverständigungsgeste, die uns das kathartische Prinzip des Schwitzens und Reinigens unermüdlich in die müden Leiber rhetorisiert, vergeben wir also sehr gerne und dankbar den diesjährigen Nachwuchsweltverbessererpreis.

Wir gratulieren sehr herzlich!