Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte oder Stützen der Gesellschaften
von Elfriede Jelinek
Bühne & Kostüm: Renato Uz
Musik: Bis eine heult (Verena Dürr & Ulla Rauter)
Dramaturgie: Hannah Lioba Egenolf
Elfriede Jelineks sehr freie Fortschreibung von Henrik Ibsens bürgerlichem Beziehungsdrama setzt an dessen Schluss ein, als Nora Mann und Kinder verlässt – und in ein selbstbestimmtes Leben aufbricht. Ihr Befreiungsversuch endet in einem bösen Reigen der Desillusionierung, nachdem sie sich zum Spielball ökonomischer Interessen der Männergesellschaft hat machen lassen. Jelineks erster Theatertext ist eine kritische Auseinandersetzung mit der feministischen Bewegung der 70er Jahre, die die ökonomischen Zusammenhänge weiblicher Emanzipation ausblendet.
In ihrem Text revoltiert die Autorin gegen Bedeutung und Tiefe; das Subjekt, ob männlich oder weiblich, mächtig oder ohnmächtig, wird austauschbar. Doch wohin steuern Elfriede Jelineks Figuren in einer Gesellschaft, die verbindliche regulative Werte zunehmend unter das Diktat der Verwertbarkeit stellt? Erfahren bürgerlich-feudale Werte und Rollenmuster in der Kontrollgesellschaft eine vermeintlich freiwillige Renaissance? Unterwirft sich vor allem das weibliche Subjekt weiterhin archaischen Rollenbildern, die freilich spätmodern lässig daherkommen? Ein theatraler Angriff auf wertekonforme Theorien und die Emanzipationsbewegung. Schonungslos, obszön.
„Regisseur Ali M. Abdullah erweckt mit viel Witz ein selten gespieltes frühes Drama der Nobelpreisträgerin zum Leben.“ – Die Presse
„Das permanent anwesende Ensemble jongliert souverän mit Texten aller Art.“ – nachtkritik.de
„1979 hat Jelinek ihre „Nora“-Version geschrieben; und Jelinek ist auch heute noch so aktuell wie eh und je.
Sie spielen stark und laut und erfüllen Regisseur Abdullah den Wunsch nach einer Prise Trash.“ – Kurier
„Jelineks Text wirkt in seinen viel strapazierten Mann-Frau-Oppositionen in die Jahre gekommen, nimmt aber in der sprachlichen Knalligkeit und antiidentifikatorischen Haltung schon jenes Theorie-stakkato vorweg, mit dem eine Generation später René Pollesch erst so richtig Furore machte. Das überrascht an diesem Abend.
Wie geschmiert das System auch 35 Jahre später noch läuft, lässt sich an der mit Zeitungsartikeln beklebten weißen Bühne von Renato Uz ablesen: überall Protagonisten von Schmiergeldaffären und Parteispendenskandalen.
Das macht den Abend geschmeidig. In ihm steckt auch viel Vehemenz …“ – Der Standard