HEROSTRAT
von Jean-Paul Sartre
– Deutsch von Uli Aumüller
– Bühnenfassung von Kai Krösche
– Eine Produktion von Kai Krösche in Kooperation mit WERK X-Petersplatz
– Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag, Hamburg
Raum: Matthias Krische
Projektionen: Matthias Krische, Kai Krösche
Outside Eye: Philipp J. Ehmann
Produktionsleitung: Armin Kirchner
Knapp 350 Jahre v. Chr. brennt der Tempel der Artemis in Ephesos – eines der sieben Weltwunder der Antike erliegt den Flammen. Der Brandstifter: Herostratos, ein bis dahin unbekannter (und doch bis heute unvergessener) Niemand. Das Motiv: Geltungssucht.
Jean-Paul Sartres Erzählung „Herostrat“ ist der innere Monolog eines Amokläufers, angesiedelt im Paris der späten 1930er Jahre. Der junge Paul Hilbert hasst sie alle: Die „Großen“ auf der Straße, die es auf ihn abgesehen haben; die Frauen, die ihn zwar anziehen, von deren Sexualität er sich aber bedroht fühlt; letztlich aber hasst er die Menschen an sich, diesen sanften Club der Humanist*innen, von dem er, dessen ist er überzeugt, schon und für immer ausgeschlossen sein wird. Also kauft sich Paul, inspiriert vom antiken Herostratos, einen Revolver – und beschließt, seinem Verliererdasein eine finstere Relevanz zu verleihen, indem er ein Massaker auf offener Straße anrichtet.
Kai Krösches Inszenierung dieses Protokolls einer Radikalisierung lässt den Täter und seine gewalttätigen Fantasien durch Performerin Victoria Halper verkörpern; der Bühnenraum von Matthias Krische gerät dabei buchstäblich zur Projektionsfläche für geschlossene Weltbilder, die nur noch mit nackter Gewalt durchbrochen werden können. Eine schonungslose Flucht nach innen, die am Ende und in letzter Konsequenz nur einen einzigen Ausweg kennt: die radikale und alles zerstörende Explosion.
Die Premiere war ursprünglich am 31.01.2021 geplant und musste aufgrund von SARS-CoV-2 verschoben werden.
„Kai Krösche inszeniert das Protokoll eines Terrorattentäter gekonnt mit Fokus auf einer bildnerischen Darstellungsweise. […] ein kompakter, in seinem bildnerischen Zugriff überzeugender Abend. […] Livekamerabilder, kräftige Lichtdeutung, projizierte Zitate aus Amok-Manifesten und ein wiederkehrender Soundscore machen aus der Bühne eine Art gläserner Blackbox, in der man zwar sieht, was geschieht, aber nicht sicher sein kann, was tatsächlich passiert. Ein spannendes Changieren, in dem Victoria Halper mit ihrer starken Stimme und entschiedenen Handgriffen stets die Zügel in der Hand behält.“
– Margarete Affenzeller, DerStandard
„Kai Krösche ist eine außergewöhnliche Bühnenumsetzung von ‚Herostrat‘ gelungen!
Victoria Halper versteht es hervorragend, Paul Hilberts geistige Verwirrung und gestörte Persönlichkeit widerzuspiegeln. Sie entpuppt sich als Meisterin der Verwandlung […] Halpers Stimme, ihre gesamte Körperhaltung sind überzeugende Beweise von der Neigung des Protagonisten zum Morden. Verantwortlich für die Visuals zeichnen Matthias Krische und Kai Krösche. Den beiden gelingt es, den schmalen Grat zwischen Gut und Böse souverän darzustellen.“
– Irina Wolf, Aurora – Magazin für Kultur, Wissen und Gesellschaft
„Die als Stück inszenierte Erzählung von Sartre hat auch heute noch gesellschaftliche Relevanz, besonders auch in Anbetracht dessen, dass die Premiere beinahe zeitgleich zum Gedenktag des Anschlages in Wien stattgefunden hat. Auch weltweit gesehen leiden Menschen immer noch unter der Ausgeburt patriarchaler Gewalt, die sich in Gewaltverbrechen, Femiziden oder Kriegen äußert. Kai Krösches Inszenierung und Victoria Halpers Spiel nehmen diese Problematik auf scharfsinnige Weise auf und bringen sie in kompakter Form auf die Bühne.“
– Victoria Mayrleb, Neue Wiener